YOANI SÁNCHEZ / La Habana / 31.März 2024
Siegel, Konferenzen und offizielle Fotos. Die internationalen Organisationen scheinen mehr daran interessiert zu sein, mit Events und Empfängen ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen, als mit Aktionen oder Ergebnissen. In Lateinamerika vergeht kaum ein Monat, ohne dass ein Gipfeltreffen, eine Zusammenkunft oder ein Bündnis Schlagzeilen macht und eine neue Absichtserklärung hervorbringt, unterschrieben von Regierenden und Außenministern. Eine Ebene, um die Effizient solcher Integrationsbemühungen zu messen, ist die Realität, aber die meisten dieser Vorschläge bringen keine greifbaren Ergebnisse.
Die aktuelle Situation in Haiti zeigt die geringe Effizienz der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC), und die von anderen regionalen Bündnissen gleichermaßen. Anstatt dem haitianischen Volk in seiner derzeit schwierigen Lage zur Seite zu stehen und ihm zu helfen, haben sich die Regierenden auf diesem Kontinent dafür entschieden wegzuschauen, oder sie beschäftigen sich damit historische Schuld zu verteilen. Es gelingt ihnen nicht, einer Bevölkerung von Haiti schnell und praktisch zu helfen, die von Gewalt, einer Wirtschaftskrise und vom Zusammenbruch der politischen Institutionen geplagt wird.
Anstatt dem haitianischen Volk in seiner derzeit schwierigen Lage zur Seite zu stehen und ihm zu helfen, haben sich die Regierenden auf diesem Kontinent dafür entschieden wegzuschauen.
Die CELAC und die lateinamerikanischen Exekutiven haben die Bewohner von Haiti im Stich gelassen, weil sie es nicht einmal schafften, sie als Flüchtlinge zu schützen. Deren gefährliche Route führt sie durch den Dschungel des Darién, weiter durch mexikanisches Territorium und dann bis an die Südgrenze der Vereinigten Staaten. Die Haitianer zählen zu den meist gefährdeten Migranten: ohne ein Wort Spanisch, in den meisten Fällen ohne Geld, um die „Kojoten“ (Schlepper) zu bezahlen, werden sie vom Rassismus vorwärts getrieben und verwandeln sich in Unsichtbare, die die lokalen Verwaltungen weder sehen, noch erwähnen, geschweige denn unterstützen wollen.
Auffallend ist der Mangel an Programmen, die ihnen eine Unterkunft, einen Zugang zu Arbeit und eine Grundversorgung bieten. Dies betrifft einen Gutteil der Länder, die alljährlich von vielen tausend Haitianer durchquert werden. Mit den mehr als 12 Millionen Bewohnern hängt der kleine Inselteil immer mehr von seiner Diaspora ab. Die Migranten auf ihrem Weg zu unterstützen, ist auch eine Form von Rettung der Familien, die in Haiti geblieben sind und hoffen, dass es ihr Angehöriger schafft, ihnen Geld überweist, und sie so vom Ausland aus unterstützt. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) hat eine Reihe von Empfehlungen an die Nachbarländer herausgegeben, die den Migranten Zuflucht und Schutz zu garantieren würden; aber wie so oft sind diese dringenden Bitten auf taube Ohren gestoßen.
Abgesehen von einzelnen Einrichtungen für Migranten, fehlt es Lateinamerika an einer gemeinsamen Antwort auf das Drama in Haiti.
Abgesehen von einzelnen Einrichtungen für Migranten, fehlt es Lateinamerika an einer gemeinsamen Antwort auf das Drama in Haiti. Die dafür Zuständigen in den Ministerien sind damit beschäftigt, sich untereinander über ihre ideologische Positionierung zu streiten, ein diplomatisches Feuer zu entfachen, ausgehend von Veröffentlichungen eines Regierenden im sozialen Netzwerk X; oder sie richten Beschuldigungen an andere Regierung. Sie sollten sich an einen Tisch zu setzen und sich auf einen Aktionsplan einigen.
Krisen und humanitärer Alarm stellen regionale Organisationen auf die Probe, und jene, die uns in dieser Hemisphäre vertreten, haben schon ihre Unfähigkeit bewiesen. Die Haitianer können nicht länger auf Gipfeltreffen warten, mit Fotos von Präsidenten, die vor den Kameras lächeln. Benötigt wird ein Hilfsprogramm für die gequälte Bevölkerung, und das muss ein Ganzes sein, „wie das Silber in den Wurzeln der Anden.“
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde ursprünglich von der Deutschen Welle für Lateinamerika veröffentlicht und steht hier mit Genehmigung der Autorin.
Übersetzung: Dieter Schubert
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