Foto: Die Demokratie ist wie diese Pflanze, die zwischen dem Beton und dem Fenstergitter wächst: zerbrechlich und leicht auszureißen.
Neun Jahre sind vergangen, seit ich die letzten Zeilen einer Dissertation über die Figur des Diktators in der lateinamerikanischen Literatur schrieb. Obwohl meine Studie noch immer die Existenz verschiedener Führer aufzeigte, welche als wunderbare Vorlage für Romanfiguren dienten, glaubte ich im Grunde, es handele sich bei ihnen um aussterbende Wesen. Kurze Zeit später begann ich zu zweifeln, ob die Tyrannen nicht dabei wären, wieder in unseren amerikanischen Ländern aufzutauchen. Seit einiger Zeit habe ich nun diesbezüglich keine Zweifel mehr: Die Diktatoren – oder die, die es werden wollen – sind hier, auch wenn sie jetzt Jeans, Buschhemden oder rote Shirts tragen.
Genauso wenig wurde die andere Gefahr gebannt: Der Militär, der die Gerechtigkeit in die eigene Hand nimmt; der Uniformierte, der seinen Willen mit Waffengewalt durchsetzt. Dem einen und dem anderen werfen wir uns weiterhin in die Arme, weil sich eine Tradition von Personenkult und Demagogen nicht so leicht ausrotten lässt. In Honduras kann sich gerade in diesem Moment eine ganze Nation in den dornigen Schutz des Militärs begeben, oder sich hypnotisieren lassen durch die „triumphale“ Rückkehr – im Stil von Chávez – der Person, die von den Streitkräften abgesetzt wurde. Aus diesem Dilemma kommen wir Bürger nur selten gut heraus.
Ich mag weder einen Staatsstreich durch das Militär, noch Präsidenten, die sich endlos wiederwählen lassen wollen. Ich hege dasselbe Misstrauen gegenüber demjenigen, der mit dem Gewehr im Anschlag aus dem Gebirge kommt, wie gegenüber demjenigen, der zwar an den Wahlurnen gewählte wurde, aber sein Land wie eine Hazienda verwaltet; als ob es sich um den alten Landsitz seiner Eltern handelte. Deshalb bin ich besorgt um Honduras. Ich fürchte, das Geschehene bereitet den Weg für das Erscheinen einer anderen Figur, die mit einer Generalvollmacht ausgestattet ist. Vorsicht! Unter all den Spielarten von Tyrannen, die es gibt, ist es die schlechteste Kombination, wenn – in ein und derselben Person – die Figur des Caudillos und die des bewaffneten Gorillas zusammen kommen.
Anmerkung der Übersetzerin:
*Gorilla: umgangssprachliche Bezeichnung für eine Person, die die Macht gewaltsam an sich reißt (meist aus dem Militär).
*Caudillo: ein Staatsführer, der unumschränkt und despotisch wie Franko regiert (er wurde Caudillo genannt).
Übersetzung: Iris Wißmüller/iris.wissmueller@gmx.de