Außer Betrieb

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Foto: Erinnerungstafel in Havanna an die ersten Telefongespräche in spanischer Sprache in dieser Stadt am 31. Oktober 1877.

Es wiegt schwer wie eine „schlechte Ehe“, sagte meine Großmutter über das riesige schwarze Telefon, das in dem Haus einer Nachbarin stand. Es hatte eine sehr kurze Schnur und nach einem Anruf war mein Zeigefinger fleckig vom Staub, der sich unter der Wählscheibe befand. Dennoch wartete ich immer gespannt auf den Ruf, der ankündigte, dass man meine Mutter von der Arbeit oder aus irgendeiner Provinz anrief. Wir rannten die Treppen hoch, um den Hörer an unser Ohr zu pressen und zu hören, was eine fast metallisch klingende Stimme am anderen Ende sagte. Unter den mehr als zehn Familien, die in diesem Haus lebten, gab es nur zwei mit Telefonleitung. So konnte ein Streit mit den Besitzern dieses wichtigen Gerätes dazu führen, dass man verlassen und isoliert blieb.

Wenn Raúl Castro im März 2008 geahnt hätte, was für eine Rolle das Mobiltelefon in der aufkeimenden Zivilgesellschaft Kubas spielen würde, hätte er wahrscheinlich seine Nutzung nie genehmigt. Vor diesem Datum mussten die Kubaner einen Ausländer finden, der den Mobilfunkvertrag unterschrieb, sodass sie danach den Service nutzen konnten. Die begehrte SIM-Karte konnte nur von denjenigen erworben werden, die sich an Hotelzimmern und Mietwagen erfreuen konnten, also von Leuten, die nicht auf dieser Insel geboren sind. Zum Glück endete diese Apartheid vor fast 4 Jahren und seitdem haben mehr als 1,2 Millionen Nutzer einen Vertrag mit den Prepaid-Diensten von Cubacel abgeschlossen. Diese Zahl sollte uns nicht freuen, denn immer noch liegen wir weit hinter dem Rest der lateinamerikanischen Staaten.

Trotz der Einschränkungen aufgrund der hohen Kosten, des schlechten Empfanges in manchen Regionen des Landes und der vorübergehenden Sperrung der Dienste für „unbequeme“ Nutzer hat die Mobiltelefonie unser Leben verändert. Heutzutage hat die Möglichkeit, Text-Nachrichten zu versenden und zu erhalten, den Kontakt zwischen den Bürgern vervielfacht, ebenso den Austausch von Nachrichten und die wertvolle Möglichkeit, auch ohne Internetzugang etwas auf Twitter zu veröffentlichen. Vor einigen Tagen wurden die Preise auf nationale SMS um 44% gesenkt, obwohl wir immer noch Lichtjahre von den geltenden Preisen im Rest der Welt entfernt sind. Wenn es das Ziel der einzigen Telefongesellschaft des Landes ist, auf diese Art mehr Kunden zu gewinnen und somit die Gewinne zu erhöhen, werden sie auch die Nebenwirkung der informativen und kommunikativen Befreiung, die damit verbunden ist, akzeptieren müssen. Cubacel berechnet den ökonomischen Nutzen, doch ist es nicht in der Lage, das mächtige soziale Werkzeug, das wir nun in unseren Hosentaschen tragen, in seinem wahren Potential zu erkennen.

Übersetzung: Valentina Dudinov
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3 Gedanken zu „Außer Betrieb

  1. Hm, mal davon abgesehen – das es weder Recht noch gut ist, was dort oft geschieht, läuft es doch woanders auch nicht besser. Dort wissen die Leute wenigstens, dass sie nicht frei in ihrer Entscheidung sind. Hier wird allen das gegenteil glauben gemacht. Und wenn man mal die tatsächlichen Änderungen ansieht, die in den letzten Jahren dort geschehen sind (auch wenn nichts zum reinen Nutzen des kub. Volkes geschah), hat sich doch etwas geändert.

  2. Lieber Ricarco
    Du hast erst jetzt gemerkt, dass Raul auf der Zivielgesellschaft steht?
    Raul und seine Getreuen steht nicht „momentan“sondern schon 50 Jahre, zusammen mit seinem Bruder, mit beiden Füssen auf der Zivielgeselschaft.
    Er stampft die Menschenrechte mit aller Gewalt mit seinen Plattfüssen dem Erdboden gleich.
    Nur ein Tropfen auf einen heissen Stein sind die vielen Mobiltelefone in Kuba. Die unzähligen Kubaner die unschuldig auf dieser Gefängnisinsel im Gefängnis sitzen haben nichts davon. Was nütz es, wenn alle Kubaner einmal lesen gelernt haben, aber nur lesen dürfen was die Regierung erlaubt? Was haben sie davon, wenn sie ein Mobiltelefon haben, aber immer Angst haben müssen, dass ihr Gespräch abgehört wird?

  3. Man kann der Yoani nur zustimmen, wenn sie sich, trotz der neuesten SMS Preissenkung om 44%, wegen der teueren Mobilfunkpreisen beklagt. Mobiltelefonie ist immer noch zu teuer in Kuba!

    Yoani irrt sich aber gewalting, wenn sie schreibt: „Wenn Raúl Castro im März 2008 geahnt hätte, was für eine Rolle das Mobiltelefon in der aufkeimenden Zivilgesellschaft Kubas spielen würde, hätte er wahrscheinlich seine Nutzung nie genehmigt.“

    Raúl Castro steht momentan auf der Spitze kubanischer Zivilgesellschaft. Er hat es durch Aufebung dutzender veralteten und dummen Verbote bewiesen.

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