Nirgendwo, aber überall

negativa_de_viajeEs ist zwei Uhr am Nachmittag in der Einwanderungs- und Ausländerbehörde (DIE) in der Calle 17 zwischen J und K. Dutzende Personen warten auf die Erlaubnis, das Land zu verlassen, diese Reiseerlaubnis, die sie „Weiße Karte“ genannt haben, obwohl man sie besser „Passierschein“ oder „Freiheitsbrief“ oder „Haftentlassungsbefehl“ nennen könnte. An den Wänden blättert die Farbe ab und auf einer Seite dieser riesigen alten Villa im Vedado warnt ein Schild: „Achtung, Einsturzgefahr“. Mehrere Frauen in Militäruniform – die schon vergessen haben, zu lächeln und freundlich zu sein – weisen das Publikum darauf hin, dass es diszipliniert warten muss. Ab und zu rufen sie einen Namen auf und der Aufgerufene kehrt wenige Minuten später zurück, mit einem triumphierenden Gesichtsausdruck oder mit einem unterdrückten Schluchzen.

Endlich rufen sie mich auf, um mir die achte Absage in nur drei Jahren zu erteilen. Diese Beamten des DIE sind Spezialisten dafür, uns das zu nehmen, was wir außerhalb der Grenzen unseres Landes erleben, ausprobieren und kennenlernen könnten und sie teilen mir mit, dass ich nicht „vorerst nicht befugt bin, zu reisen“. Mit diesem kurzen Nein – das mir fast mit Freuden gesagt wird – habe ich die Möglichkeit verpasst, bei dem 60. Jubiläum des International Press Institute und der Präsentation der Nominierung des Internets für den Friedensnobelpreis in New York dabei zu sein.

Ein Stempel in meiner Akte, und ich sah mich gezwungen, per Telefon bei den Aktivitäten zu Turin – Hauptstadt der Jugend 2010 zu sprechen und dem Brùlé-Verlag mitzuteilen, dass sie Cuba Libre ohne meine Anwesenheit auf den Markt bringen mussten. Diese absurde Migrationspolitik hat sich zwischen meine Augen und die vollen Bücherregale auf der Frankfurter Buchmesse gestellt, zwischen meine Hände und die Zusammenstellung von Texten, die auf dem Festival nicht fiktionaler Literatur in Polen das Licht der Welt erblicken werden. Ich werde nicht zur Jornalismus-Messe in Ferrara gehen können noch zur Präsentation des Dokumentarfilms in Jequié, Brasilien; noch weniger werde ich am Kongress der Frauen, die das Jahrtausend anführen teilnehmen können, der in Valencia stattfindet, und auch nicht in Cuneo bei dem Ereignis Schriftsteller in der Stadt. Meine Stimme wird nicht beim LASA gehört werden, wohin jedoch offizielle Vertreter geschickt wurden, und das Erscheinen meines Buches Verwalten und Entwickeln von Inhalten mit WordPress muss ich aus der Entfernung genießen.

All das und mehr haben sie mir genommen. Aber sie lassen mich dennoch – als sei es eine Strafe – bei dieser wichtigen Quelle, aus der meine Texte entstehen, in Kontakt mit dieser Realität, und ich würde es mir nicht verzeihen, wäre ich ihr fern.

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Ein Gedanke zu „Nirgendwo, aber überall

  1. Schlechte Arbeitsleistung, Englisch ubekannt. Das lerne ich nicht nur aus diesem Dokument (…Travellrs…).

    Und es ist nicht so, dass „weil wir so wenig verdienen, arbeiten wir so schlecht…“. MININ und Fincimex ofrecen doch die besten Jobs in Kuba, mit Prämien (estimulos) in CUC.

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