
Noch vor ein paar Jahrzehnten wäre es in Kuba undenkbar gewesen, dass man den Lernenden an Weihnachten eine Pause von fast zwei Wochen gewähren würde. (14ymedio)
YOANI SÁNCHEZ | La Habana | 14. Dezember 2019
Es gibt Erfolge, die man lautstark feiert, mit Gesten voller Stolz über den erreichten Sieg und öffentlichem Jubelgeschrei. Andere Erfolge feiert man eher leise, um zu vermeiden, dass sie rückgängig gemacht werden oder abhandenkommen. Zu letzteren gehört die Wiedereinführung der Weihnachtsferien, ohne Fanfaren und Beifall, wie es die kubanischen Studenten in den letzten Jahren erreicht haben.
Freitag, der 20.Dezember, war ein besonderer Tag, weil in nur wenigen Klassenzimmern und Hörsälen der Insel Unterricht stattfand. Man zog die Feiern zum „Tag des Lehrers“ vor, geplant für den 22.Dezember, der heuer aber auf einen Sonntag fällt. Mit Geschenken für Lehrer und Professoren im Rahmen von Festveranstaltungen, die aus Geldmitteln der Eltern organisiert wurden, verabschiedeten sich auch die Schüler bis Neujahrsanfang von ihren Klassenkameraden.
Noch vor ein paar Jahrzehnten wäre es in Kuba undenkbar gewesen, dass man den Lernenden an Weihnachten eine Pause von fast zwei Wochen gewähren würde. Wir, die wir in den 70er, 80er und auch 90er Jahren zur Schule gingen, konnten uns nie an einer echten Zeit der Erholung während der Feiertage erfreuen. Allenfalls erreichten wir ein Fernbleiben vom Unterricht, wenn wir wegen einer oft nur erfundenen Krankheit ein ärztliches Attest hatten, oder auch wenn wir Dokumente für eine unaufschiebbare Reise in eine andere Provinz vorlegten.
Nur im Dezember 1997, wenige Tage vor dem Besuch von Papst Johannes Paul II auf der Insel, erklärte Fidel Castro den 25.Dezember zum Feiertag, zum ersten Mal nach Jahrzehnten.
Nur im Dezember 1997, wenige Tage vor dem Besuch von Papst Johannes Paul II auf der Insel, erklärte Fidel Castro den 25.Dezember zum Feiertag, zum ersten Mal nach Jahrzehnten. Danach, ganz langsam und wie Eroberer, die sich klammheimlich ein Territorium aneignen, indem sie Nacht für Nacht ein paar Zentimeter vorrücken, haben wir Kubaner eine zeitlich befristete Ruhepause erzwungen. Dahingehend, dass es an den Schulen eine stillschweigende Übereinkunft gibt, dass Schüler vom vorletzten Freitag im Dezember bis zum ersten Montag im Januar unterrichtsfrei haben – falls der nicht auf einen Feiertag fällt.
Welche gesellschaftliche Gruppe spielte bei der Wiedereinführung der Weihnachtsferien die Hauptrolle? Keine. Wurde in irgendeinem offiziellen Medium verlautbart, dass eine zweiwöchige Pause für alle Schularten im Land angeordnet wurde? Nein. Ist irgendwer auf die Straße gegangen, um zu feiern, dass er jetzt nicht zur Schule gehen muss, sondern die Festtage im Kreis seiner Familie genießen kann? Nein.
So, wie die Siege, die niemand für sich in Anspruch nimmt und über die man sich still freut, sind die Weihnachtsferien in die kubanischen Schulen zurückgekehrt. Auf diese Weise haben wir auch noch andere Erfolge angehäuft, ohne Getöse, aber unumkehrbar.
Übersetzung: Dieter Schubert
Wir, die Übersetzergruppe von Generación Y wünschen allen unseren Lesern ein Frohes Weihnachtsfest und ein erfolgreiches Neues Jahr 2020.
Berte, Iris, Lena und Dieter