
Personen stehen weiterhin eng beieinander, ohne den nötigen Abstand einzuhalten. (14ymedio)
YOANI SÁNCHEZ | La Habana | 17. März 2020
Jeden Tag muss ich mich dazu überwinden, die offiziellen kubanischen Nachrichten anzuschauen. Meine Arbeit als Journalistin verpflichtet mich diese Nachrichtensendungen zu verfolgen, weil in einem Land mit einer vertikalen Nachrichtenkotrolle es Fakten und Verlautbarungen gibt, die ausschließlich über solche Fernseh-oder Rundfunkanstalten veröffentlicht werden. Obwohl ich mich immer mit reichlich Geduld wappne, wenn ich mich vor den Bildschirm setze, muss ich zugeben, dass man heute eine bittere Pille schlucken muss.
Zur abendlichen Prime-Time sendet NTV einige gefährliche Falschmeldungen über das Coronavirus, verwandelt die Pandemie in einen ideologischen Kampf, benutzt die Katastrophe, um politisch zu konkurrieren, verneint die Fehler der „alten Weggefährten“ − während man die Erfolge demokratischer Ländern bei der Ausbreitung von Covid-19 minimalisiert oder falsch darstellt − und verbreitet Erklärungen von Funktionären, die sich mehr Sorgen um die Aufrechterhaltung der Normalität machen, als um den Schutz der Bevölkerung. All das, was Maduro und Ortega gegen die Pandemie unternehmen ist beispielhaft und sollte übernommen werden, während Merkel oder Macron ihre Länder vermutlich untergehen lassen, … so das plumpe Nachrichtenkonzept
Der Nachrichtensprecher versichert, dass überall in Kuba „Ruhe und Disziplin“ herrschen. In seinen Reportagen und Schlagzeilen erreicht der Chauvinismus unerträgliche Höhen, wenn sich Dummheit, Arroganz, jedwedes Fehlen von Bescheidenheit und Unvernunft miteinander mischen. Auf Rechnung dieses offiziellen „informativen“ Systems geht auch der Schaden, den diese Krankheit in einem unvorbereiteten Kuba verursacht, wo man immer noch nicht die Grenzen schließt, den Unterricht nicht einstellt, Arbeitszeiten nicht verringert, Behörden nicht schließt und nicht überzeugend dazu aufruft, zu Hause zu bleiben.
Übersetzung: Dieter Schubert
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