
Überall ist die Anspannung zu spüren. Die Menschen, die in langen Reihen anstehen, gestikulieren laut und nutzen die erstbeste Gelegenheit, um jemand zu beleidigen oder das Klima zu verfluchen. (E. Marrero)
YOANI SÁNCHEZ | GENERACIÓN Y | 31. August 2017
Wenn der Dichter T.S.Eliot auf Kuba geboren worden wäre, hätte er den August als den grausamsten Monat bezeichnet und nicht den April. Sobald der Juli endet und der September beginnt, wird alles komplizierter. Zu den hohen Temperaturen gesellen sich die Ferien von tausenden Schülern und Studenten sowie die Urlaubszeit der staatlichen Angestellten. Das bewirkt, dass der Alltag langsamer dahinfließt, warm und zäh.
Die Telefone in den Ministerien klingeln, aber niemand hebt den Hörer ab; die Beamten sind nicht an ihren Schreibtischen und ihre Sekretärinnen nutzen die Hitzewelle, um sich mit Hingabe dem Lackieren ihrer Fingernägel zu widmen. Alle rechtfertigen sich damit, dass es Sommer ist, alle geben dem Monat die Schuld, so, als ob es sich um einen Virus handeln würde, dessen einzig mögliche Behandlung darin besteht abzuwarten, dass er verschwindet.
Überall ist die Anspannung zu spüren. Die Menschen, die in langen Reihen anstehen, gestikulieren laut und nutzen die erstbeste Gelegenheit, um jemand zu beleidigen oder das Klima zu verfluchen. Es ist diese Lethargie, die uns am Denken hindert. Alle haben ihren Blick auf den September gerichtet, den herbeigesehnten Monat.
Trotzdem, auch wenn der August hinter uns liegt, geht das alltägliche Leben nur schleppend weiter. Ob es nun die Hitze, der Regen, ein Orkan oder der politische Betrieb ist, auf Kuba gibt es immer ein Argument für Apathie und Trägheit.
Übersetzung: Dieter Schubert
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