Stipendien, Ängste und Attraktionen

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Die Stipendien, die von der amerikanische Organisation World Learning angeboten werden, richten sich vor allem an junge Kubaner/innen zwischen 16 und 18 Jahren. (14ymedio).

Generación Y, Yoani Sánchez, 27. September 2016 Die Frau kommt näher, ohne jede Angst oder Unsicherheit. „Wie kann sich mein Sohn um eines der Stipendien bewerben, von denen im Fernsehen die Rede ist?“, fragt sie mich schroff. Ich brauche ein paar Sekunden, um zu begreifen, wovon sie spricht, bis mir die Bilder von jungen kubanischen Studenten in den Sinn kommen, die von der Regierung dazu aufgerufen werden, das Programm der amerikanischen Organisation World Learning abzulehnen.

Sie verweilt einige Minuten an meiner Seite, ganz begierig darauf, eine Emailadresse zu bekommen, an die sie schreiben kann, um für ihren Sprössling eine Brücke zu einer anderen Realität zu bauen. Die Parolen, die die Regierung gegen die amerikanische NGO ausgestoßen hat, scheinen sie nicht zu entmutigen. Auf meine Frage, ob sie über die Kampagne der Regierung Bescheid wisse, die das Programm angreift, das auf die 16- bis 18-jährigen kubanischen Jugendlichen ausgerichtet ist, antwortet sie mir mit einem typischen kubanischen Ausspruch: “In diesem Fall ist es mir egal, ob ich der Fahrer oder der Überfahrene bin“.

Ohne sich dessen bewusst zu sein, hat die Parteipropaganda in den letzten Tagen dazu beigetragen, die Bevölkerung über Stipendien zu informieren, von deren Existenz bisher nur wenige wussten

Die Angst funktioniert nicht mehr so wie früher. Vor einigen Jahrzehnten war es noch ausreichend, wenn das Staatsfernsehen ein Phänomen oder Person verteufelte, um eine Atmosphäre des Schweigens und der Angst entstehen zu lassen. Heutzutage wirkt sich die Lautstärke, mit der die Fundamentalisten gegen etwas wettern direkt proportional auf das Interesse aus, das das Objekt der Ablehnung auslöst.

Ohne sich dessen bewusst zu sein, hat die Parteipropaganda in den letzten Tagen dazu beigetragen, die Information über die Existenz von Stipendien zu verbreiten, die nur einem kleinen Teil der Inselbevölkerung bekannt war.

Die Frau hat keine Angst. Sie bleibt an meiner Seite, so dass ich ihr bei dieser Kleinigkeit helfe, die es ihrem Sohn dann ermöglicht, „andere Luft zu schnuppern“. Genau wie sie, sehen auch tausend andere Eltern im ganzen Land zu, wie sich ihre „Kinder“ auf den Weg in eine Schule machen, wo sie nach dem Morgengruß die neue „Manipulation durch den Imperialismus“ ablehnen. Zuhause setzen die Erwachsenen Himmel und Hölle in Bewegung, um ihre Kinder in die Listen für die nächsten Stipendien einzuschreiben.

Übersetzung: Berte Fleissig

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