Foto: Silvia Corbelle
Rot und schwarz sind die Farben der Zeitung Granma. Jedoch im Gegensatz zu Stendhals berühmtem Werk, wird der Leser auf deren Seiten keinen Realismus sondern Sendungsbewusstsein finden. Wenn das offizielle Organ der Kommunistischen Partei einen Titel wählt, hat es eher die Intention eine Meinung aufzuzwängen, als darüber zu informieren.
Genau das passierte mit dem Satz, der am vergangenen Donnerstag auf der ersten Seite dieser Tageszeitung hervorstach. Zitiert aus Raúl Castros letzter Rede in Santiago de Cuba, sagt er: „Die Revolution besteht weiterhin, ohne absolut niemandem verpflichtet zu sein, nur dem Volk!“. Mit diesem Aufmacher wollten sowohl der Redner als auch die Verleger etwas erklären, es aber in der Realität nicht ganz klar werden lassen. Es lohnt sich, die Bedeutung des Satzes zu entschlüsseln.
Es sind bereits 55 Jahre vergangen, seit die so genannte Kubanische Revolution begann; von daher dürften sich die möglichen Verpflichtungen, auf die man sich bezog, nicht auf deren Ursprung zurückgehen. Man könnte sich vorstellen, dass der General damit nicht auf den Bruch und die Undankbarkeit gegenüber gewissen Unterstützern anspielte, und auf Subventionen, die die Rebellen vor einem halben Jahrhundert erhielten.
Es klingt somit auch nicht nach einer Verabschiedung von alten Weggenossen, die Schulter und Geldbeutel “hinhielten“, um dieses System über Jahrzehnte hinweg zu stützen.
Wer dann ist dieser “niemand”, dem Raúl Castro jegliche Möglichkeit auf Forderungen entzieht? Ganz offensichtlich zeigt er auch nicht auf den Palacio de Miraflores und somit auf die aufgebauschte Unterstützung, die Kuba von Venezuela erhält. Denn diese finanzielle Hilfe führte dazu, politisch noch stärker an die Regierung gebunden zu sein, jedoch an die Regierung, die die Unterstützung gewährt und nicht umgekehrt.
Zu meinen, es wäre eine Andeutung, dass man die politischen Verantwortlichkeiten einfach außen vor lassen könne, weil man zur CELAC – der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten – gehöre, wäre weniger naiv. Von was sprach dieser Mann in Militäruniform? Abgedroschene Sätze und eine schriftliche Abhandlung. Auf was bezieht er sich? Die Antwort zielt sowohl auf das Weiße Haus als auch auf Brüssel.
Alle Verhandlungen oder Gespräche benötigen ein Minimum an Verpflichtungen, die man einhalten muss. Jeder in einer Vereinbarung implizierter Teilnehmer versichert sich, dass der andere Part auf gleiche oder größere Maßnahmen wie man selbst eingeht. Es ist offensichtlich, dass im Jahr 2013 sowohl die Vereinigten Staaten als auch die Europäische Union einen Schritt getan haben, um die “diplomatische Temperatur“ zwischen ihnen und dem Platz der Revolution zu mindern.
Zuzwinkern, Flexibilisierungen, Ankündigung eines neuen Weges, davon redeten einige Politiker im Bezug auf “die Große der Antillen“. Der Menügang für das Bankett der Verhandlungen und Dialoge wurde serviert. Als Antwort darauf zeigte sich der undankbare Gast sprachlos und verlies den Tisch.
“Keine Verpflichtungen….“, rief Raúl Castro und beeilte sich, dies in roten und schwarzen Buchstaben in der Zeitung Granma einzurahmen. An wen sich dieser Satz richtet, wissen diese schon, und sie sind schon gewarnt.
Übersetzung: Nina Beyerlein
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