Wir haben uns an die aufgeblähten Zahlen gewöhnt, an die Geheimniskrämerei, wenn etwas schief gelaufen ist, und an ein Bruttosozialprodukt, das niemals den Inhalt unserer Geldbeutel widerspiegelte. Jahrzehntelang hatten die Wirtschaftsgutachten die Möglichkeit, hinter Seiten voller Zahlen und Analysen die Schwere der Probleme zu verbergen. Unter den Hochschulabsolventen der wenig exakten Finanzwissenschaft gab es einige, wie Oscar Espinosa Chepe, die es wagten, die Unrichtigkeit bestimmter Zahlen aufzudecken, und die dann nach dem „Pyjamaplan“* mit Arbeitslosigkeit und Stigmatisierung bestraft wurden.
In dieser Woche hat die Lektüre der seriösen und fundierten Analyse des Priesters Boris Moreno in der Zeitschrift Palabra Nueva** meine Unruhe bezüglich eines uns bevorstehenden Kollapses verstärkt. Mit dem bezeichnenden Titel „Wohin fährt das kubanische Boot? Ein Blick auf das wirtschaftliche Umfeld“ warnt uns der Autor vor einem Absturz, einem Sturzflug, des materiellen und finanziellen Zustands der Insel. Worte, die uns erschrecken müssten, wenn nicht unsere Ohren gegenüber schlechten Nachrichten schon ziemlich taub geworden wären, weil wir uns schon so oft in die Gewässer der Unproduktivität und des Mangels gestürzt haben.
Ich stimme mit diesem Wirtschaftswissenschaftler darin überein, dass der erste und wichtigste Schritt, der getan werden muss, „die formale Verpflichtung der Regierung zur Freigabe der Meinungsäußerung aller Bürger ist und zwar ohne Repressalien jeglicher Art. Wir sollten in unserem Umfeld die Bestimmungen löschen, die den Austausch von Ideen und Meinungen beschränken“. Nachdem ich das gelesen hatte, stellte ich mir meine Nachbarin vor, eine Buchhalterin im Ruhestand, wie sie mit lauter Stimme ihre Ansichten äußert über die Notwendigkeit, Privatwirtschaft zuzulassen, ohne dass dies eine Protestversammlung vor ihrer Tür auslöst. Ich weiß, dass es Arbeit bedeutet, so ein Projekt durchzuführen, aber ich mag die Idee, dass eines Tages Tausende ihre Vorschläge einbringen und Lösungen vorbringen werden, ohne die Befürchtung, als „Söldner einer ausländischen Macht“ beschuldigt zu werden. Welch enormes Kapital würde dann Kuba wieder gewinnen!
Auch wenn sich die Staatskassen nicht nur durch Vorschläge und Gedankengut wieder füllen werden, so zeigt uns unsere Erfahrung doch, dass das Prinzip der Freiwilligkeit und des Ausschlusses nur dazu beigetragen hat, sie zu leeren.
Anm. d. Ü.
*Pyjama-Plan: ironischer Begriff im kubanischen Volksmund für die vorzeitige Zwangspensionierung von Regierungsmitgliedern
** Nueva Palabra (Neues Wort): Zeitschrift der Diözese der katholischen Kirche in Havanna
In Kuba hat sozialistische Mangelwirtschaft zu einer Verarmung geführt,wie es ja hier zu lesen ist,und Entmündigung das Verantwortungsgefühl verhindert und eine Entfremdung gegenüber der Arbeit geschaffen.So läßt sich das wohl aus mehreren Berichten wie Diesen sagen.Wenn Kuba aus der Isolation heraustritt so wünsche ich mir das es Anschluß an globale Bewegungen hat,was Umwelt,Wirtschaft,Demokratie und sonstiges betrifft.
Ich hoffe nicht das sich dort als Einziges der Kapitalismus verbreitet.Denn nicht nur ein krasser Unterschied einer reichen Gesellschaft der Wenigen und einer armen Masse entsteht sondern auch das was in unserem Land immer mehr spürbar wird-Eine Entsolidarisierung der Gesellschaft,Vereinzelung und Ellenbogenmentalität.
Deshalb sind auch hierzulande alternative Möglichkeiten wie kollektive,selbstverwaltete Läden und Bauernhöfe entstanden indem nicht die Profitmaximierung sondern die Bedürfnisse untereinander im Vordergrund stehen.
Und da in Kuba der Gemeinschaftsgeist wesentlich geprägter als bei uns und von daher Potential zu so etwas vorhanden ist wünsche ich das sich so was auch verbreitet und zur Besserung der derzeitigen Situation führt.
Eine genauere Zielvorgabe möchte ich nicht für ein Land machen indem ich nicht lebe und mir deshalb die tiefere Kenntniss der Verhältnisse fehlt.Aber darum soll es auch nicht gehen,nur was zuerst kommen könnte wenn das alte System fällt.